Glenn und siene Magic Flute

Glenn war der Erste der auf die Magic Flute spielte

glenn

Foto: Wim Kluvers

Am Mittwoch den 15 Augustus 2006 gebe ich Glenn im Rehabilitationszentrum Rijndam Schwimmunterricht. Gestern habe ich den Prototyp der Magic Flute bekommen. Ein Instrument das ich zusammen mit zwei Freunden entwickelt habe.

Ich frage ihn: „Glenn, kannst Du mir vielleicht helfen?“ „Womit Ruud?“, fragt Glenn. „Na ja, ich habe etwas das Du ausprobieren könntest, aber ich verrate nicht was es ist.“

Das findet Glenn spannend und zusammen mit seiner Mutter gehen wir zum Musikraum. Die letzten Monate habe ich Glenn’s Mutter über unsere Pläne unterrichtet: ein Musikinstrument zu entwickeln, das man auch ohne Arme bespielen kann. Ein spannender Moment für mich und Glenn’s Mutter. Wird die Magic Flute unseren Erwartungen entsprechen? Ist es die Mühe Wert gewesen? Was dann passierte habe ich glücklicherweise auf Video festgehalten.

Glenn spielt das Lied von den ‚zwei entführten Kamelen‘. Dieser Ausschnitt dauert circa sieben Minuten und ist 9 MB groß.

Unsere Ohren vom Kopf…

Aufgrund dieser Erfahrung hat Glenn’s Mutter diesen Text geschrieben:

Unser Sohn Glenn ist mit einer körperlichen Abweichung geboren. Er ist geboren ohne Arme, die Hände an seinen Schultern. Außerdem sind seine Beine beeinträchtigt, wodurch er nicht laufen kann. Im ersten Jahr war er auch noch sehr krank. Es ist ein kleines Wunder das er sich da so gut durchgekämpft hat.

Das erste Jahr machten wir uns große Sorgen. Wie sollte es später nur weitergehen mit diesem Knaben?

Er überraschte alle durch sich zu einem frechen Jungen zu entwickeln der immer gute Laune hat. Wo wir Probleme sehen, sieht er sie nicht. So etwas wie ‚das geht nicht‘ gibt es für ihn nicht. Er zeigt uns immer wieder dass er es kann, auf seine eigene Art, meistens mit seinen Füssen.

Wir waren schnell überzeugt das wir mit ihm dieselben Dinge tun werden die man normalerweise auch mit Kindern tut. Wir gingen in die Offensive und nahmen ihn überall mit hin was wir auch taten und tun. Auch zu Hause bedeutet das, dass er die gleichen Regeln befolgen muss die auch für unseren ältesten Sohn gelten: also auch den Tisch decken und aufräumen usw.

So haben wir Glenn zum Bespiel auch mit zum Strand genommen damit er im Sand spielen konnte. Aber der Junge war so unternehmungslustig im Wasser, das schwimmen kein überflüssiger Luxus schien. Auf diesem Wege kam Glenn zu Ruud, der voller Enthusiasmus mit dem Schwimmunterricht begann. Auch hierbei war schnell deutlich das es für Glenn ’nein‘ und ‚das geht nicht‘ und ‚das kann ich nicht‘ nicht existieren. Glenn lernte das Wasser schnell kennen und seinen Lehrer auch.

Ruud erzählte regelmäßig über das Musikinstrument das er entwickelte: die Magic Flute. Interessiert und neugierig folgten wir den Entwicklungen und fieberten mit ihm mit. Während der Ferien hatten wir etwas Zeit übrig und da fragte Ruud ob Glenn Musik machen möchte. Glenn, der neugierig geworden war (und ich übrigens auch) fand es cool. Wir gingen nach oben und konnten endlich einen Blick werfen auf das Instrument an dem Ruud so lang gearbeitet hat. Nachdem alles installiert war konnte Musik gemacht werden! Glenn atmete ein gab den ersten Ton zum Besten. Noch nie habe ich diese Mischung aus überrascht, verwundert und erstaunt sein gleichzeitig gesehen. Glenn war sehr überrascht, ich aber auch! Ich ließ den Tränen freien Lauf weil dieser Augenblick so intensiv war! Glenn zeigte das Musik machen, durch den immensen Einsatz von Ruud, möglich geworden ist. Es ist eigentlich kaum in Worte zu fassen welche Emotionen das freimacht.

Glenn war enthusiastisch während des Spielens und an seinen Augen konnte man sehen, dass er Melodien und Töne suchte. Sein Fuß tickte auf seinem Rollstuhl im Takt der Musik und die Konzentration die er an den Tag legte hatte ich zuvor noch nicht bei ihm gesehen. Für Glenn brauchte es nie auf zu hören. Er nannte seine erste eigene Musik das Lied von den „zwei entführten Kamelen“. Der ganze Tag stand Kopf bei uns zu Hause weil dieser Moment so überwältigend war!

Ruud hatte glücklicherweise eine Eingebung und hat die Kamera mitlaufen lassen. Hierüber bin ich noch immer sehr froh, weil ich so auch der Familie und Freunden zeigen konnte wie Glenn’s erstes Kennen lernen mit dem bespielen von einem Instrument verlaufen ist und wie sehr er hiervon genossen hat. Die Reaktionen waren herzerwärmend schön und alle waren verwundert das es ein Musikinstrument gibt das es ihm (und dieser Gruppe Menschen) ermöglicht Musik zu machen.

Jetzt wartet Glenn auf seine erste Musikstunde. Er und wir können es nicht erwarten bis dieser Moment endlich anbricht! Inzwischen kommen wir aus dem Staunen nicht mehr raus, weil seit dem ersten Kennen lernen mit der Musik singt Glenn ohne Unterlass (und das nicht gerade leise) und werden Pinsel, Bleistifte, Löffel, Plastikflaschen in ein richtiges Orchester verwandelt!

Als Elternteil tut es so gut zu sehen, dass dies möglich ist. Auch wenn Glenn denkt das alles möglich ist, wir wissen das es realistisch gesehen auch unmögliche Sachen gibt. Glücklicherweise gehört Musik machen nicht dazu und hierfür sind wir Ruud sehr dankbar. Er hat sich grenzenlos, voller Hingabe und ohne irgendeinen Eigennutz eingesetzt und eine Tür aufgestoßen, die ansonsten wahrscheinlich nur schwer zu öffnen gewesen wäre. Wir können nur froh sein mit einem Jungen der mit einem enormen Durchsetzungsvermögen uns inzwischen die Ohren vom Kopf trommelt, singt und demnächst auch flötet!

Cinska Arkema
Sam Nugteren
(Eltern)

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